Achim (dpa) – Täglich frische Eier vom Huhn daheim oder Honig von den eigenen Bienen, das hat schon was. Gemüse anbauen, Einkochen, Bierbrauen und alles andere Selbstgemachte ist seit Jahren angesagt.
Wir wollen nicht nur wissen, woher unser Essen kommt, sondern auch einen emotionalen Bezug dazu herstellen. Doch es ist etwas Anderes, ob die Tomatensetzlinge auf dem Balkon verkümmern oder einem die Hühner im Garten zu viel werden. So manchen Tierliebhaber verunsichert die Frage, ob er dem wirklich gewachsen ist. Eine Lösung: Tiere zum Mieten. Tierschützer sind davon jedoch nicht begeistert.
Sobald sich Ralf-Wigand Usbeck dem Stall auf seinem Grundstück in Achim bei Bremen nähert, kommen die Hühner sofort angerannt. Sie ahnen schon, dass er was Leckeres für sie dabei hat. Die Mehlwürmer picken sie ihm direkt aus der Hand. Usbeck streichelt ihnen dabei sanft übers Gefieder. «Das müssen sie jetzt ertragen.» Schließlich sollen die jungen Hühner handzahm werden, damit sie sich von den Kunden anfassen lassen. Seit Anfang des Jahres
vermietet Usbeck wochenweise Hühner. Begonnen hat der 57-Jährige mit zehn Tieren, wegen der großen Nachfrage aber mittlerweile auf 35 aufgestockt.
Fünf seiner Hennen leben zurzeit bei Bente Laux und ihrer Familie in der Region Hannover. «Mein Mann liebäugelt schon länger damit, Hühner zu halten», sagt Laux. Doch bisher taten sie sich schwer mit der Entscheidung. «Das ist jetzt ein bisschen wie ein Probelauf.» Allerdings einer mit Sicherheitsnetz: Zum Komplettpaket gehören ein Stall, Zaun, Futter, Einstreu, Transport und Endreinigung.
Familie Laux muss den Hühnern nur noch täglich frisches Wasser und Futter bringen und ab und zu die Streu im Stall auswechseln. Als Dank dafür bekommen sie jeden Tag drei frische Eier. «Das ist schon was Anderes. Die kommen nicht von irgendeinem namenlosen Huhn», sagt Laux.
Das ist Verbrauchern zunehmend wichtig. Deshalb kann man bei vielen Anbietern inzwischen seinen persönlichen Eierproduzenten leasen. Dabei sucht man sich ein Huhn auf einem Bauernhof aus und bekommt gegen einen Monats- oder Jahresbetrag dessen Eier. Mit nach Hause kann man das Tier allerdings nicht nehmen. Ähnliche Konzepte gibt es auch für Schweine und Rinder, bei denen man später das Fleisch von einem ausgewählten Tier isst.
Ebenfalls wenig Arbeit, aber mehr Nähe zum Tier haben Kunden, die bei Dieter Schimanski
Bienen mieten. Der Bremer Imker liefert das Bienenvolk direkt vor die Haustür, kümmert sich um die Anmeldung bei den Behörden, übernimmt die Pflege und auch die Honigernte. «Wir machen alles», sagt der 51-Jährige. Die Mieter bekommen am Ende den frischen Honig in Gläsern abgefüllt ausgehändigt, durchschnittlich 30 Kilogramm pro Jahr. Also viel süßer Genuss ohne jegliche Verantwortung, die normalerweise beim Halten von Tieren anfällt – und die manchmal die Besitzer auch überfordert.
Etwa 200 000 bis 300 000 Haustiere landen nach Angaben des Deutschen Tierschutzbundes jedes Jahr im Tierheim. Genau da setzen auch die Leihservices von Katrin Rösemeier und Mandy Schmidt an. Rösemeier aus dem niedersächsischen Hessisch-Oldendorf vermietet Hunde für einen längeren Zeitraum an alleinstehende, ältere Menschen inklusive Dienstleistungen wie Futterlieferungen, Urlaubsbetreuung und Tierarzt-Besuche. Falls Herrchen oder Frauchen sterben oder nicht mehr fit genug für den Hund sind, nimmt Rösemeier diesen zurück.
«Rent a Rabbit» (Miet ein Kaninchen) heißt es bei Mandy Schmidt. Die 30-Jährige betreibt in Dolgen am See bei Rostock eine Notstation für Kaninchen. Einige von ihnen vermietet sie auch an Langohrliebhaber, die immer vor einem Problem stehen, wenn eines ihrer Tiere stirbt.
Da Kaninchen nicht alleine gehalten werden sollen, muss ein neuer Spielgefährte her oder das verbliebene abgegeben werden. Zurzeit hat Schmidt 18 Kaninchen vermietet. «Die Voraussetzung ist, dass es gesunde Tiere mit einem belastbaren Charakter sind.» Diese fühlen sich ihren Angaben nach innerhalb weniger Wochen in der neuen Umgebung zu Hause.
Tierschützer wie Michael Haitz sind trotzdem skeptisch. «Viele Tiere bauen ein Verhältnis zu ihrem Halter auf, und sie gewöhnen sich an einen Ort», sagt der Präsident des Deutschen Verbands der Tierhalter. Tiere seien eben keine Ware, die man einfach von Person zu Person weiterreichen könne. Genauso sieht es der
Tierschutzbund: Die Tiere würden dadurch zum Objekt degradiert, das man abschieben könne, wenn man es nicht mehr wolle.
Fotocredits: Ingo Wagner (dpa)